Worum geht es mir?

Auf der Suche nach einer Poetik des Lebendigen

Ich beschäftige mich vor allem mit dem Verhältnis des Menschen zur Natur, zur ihn umgebenden und zu seiner eigenen, mit Naturschutz, mit der Frage nach dem Schönen und nach der Poesie, und damit, wie sich ein Bild der menschlichen Kreativität als Teil alles übrigen Lebens in einem lebendigen Kosmos zeichnen lassen kann.
 

Eine neue Sicht des Lebendigen: Von der schöpferischen Ökologie zu einer Ökonomie der Lebendigkeit

Die herrschende Wirtschaftslehre vom immerwähenden Wachstum, von Effizienz und Optimierung und vom stets seinen Nutzen maximierenden Homo oeconomicus beruht ursprünglich auf einer biologischen Idee: auf der Idee der Evolution als beständigem Wettkampf, als kollektivem Egoismus, der das Wohl des Ganzen befördern soll. Doch gerade diese Ökonomie der Effizienz führt dazu, dass das Biologische, die Natur, in immer rascherem Maße zurückgedrängt und zerstört wird. 
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Das Verheerende der gegenwärtigen Wirtschaftslehre beruht  paradoxerweise darauf, dass sie sich zwar auf die Natur beruft, aber gerade nicht die tiefe Wirklichkeit der Austauschvorgänge begreift, wie sie die Naturgeschichte hervorgebracht hat. Die Ökonomie glaubt sich am Haushalt der Natur zu orientieren, verkennt diesen aber weitgehend.  Natur etwa ist schockierend ineffizient. Und sie gehorcht auch nicht dem Gesetz, dass für alle Leistungen gekämpft werden müsse, wie es in dem Sprichwort „Im Leben wird einem nichts geschenkt“ zum Ausdruck kommt.

Im Gegenteil: Die Ökosphäre beruht auf einer Ökologie der Gabe, auf einem beständigen Austausch, der von der „gratis“ eingestrahlten Sonnenenergie gespeist wird. Erst wenn wir diese Ökologie – und auch Ökonomie – des Gebens und Nehmens wieder verstehen, wenn wir verstehen, wie sehr die Menschen Teil eines solchen beständigen Austauschs sind, werden wir eine neue Grundlage für ein anderes Wirtschaften mit der Natur finden können. Diese neue Wirtschaft wird eine Ökonomie der Gemeingüter (oder commons) sein und sich an der Idee der Natur orientieren, dass die Lebensleistungen des Planeten allen Wesen gleichermaßen geschenkt sind. 

Spielen und Lieben
Spielen steht nicht im Dienste eines Zweckes. Es ist vielmehr selbst höchste Wirklichkeit. Spielen ist weder ein „Faksikimile des Überlebenskampfes“ noch dessen unbeholfene Vorbereitung. Wenn schon Faksimile, dann ein solches der Lebendigkeit, schöpferisches Sinnbild der kreativen Impulse, die unsere Welt entstehen lassen. Alle konkreten Gestalten und Inhalte des Spielens folgen diesen Impulsen.

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Spielen spiegelt Wirklichkeit, aber nicht indem es sie nachahmend abbildet oder lernend einübt, sondern indem es selbst die Qualitäten hervorbringt, welche Wirklichkeit kennzeichnen, nämlich Kreativität, Sinnhaftigkeit und unbändige Freude. Der Sinn von Spiel besteht darin, der Welt inne zu werden, auf die ein Lebewesen geboren wurde. Dieses Innewerden geschieht auf schöpferische Weise, indem ein Kind, während es wahrnimmt und sich selbst begreift, beständig Welt erschafft.

Eine Poetik der Natur

Ich suche nach dem Ort und der Erscheinungsweise des Poetischen in der Welt. Tiere und Pflanzen sind eine davon. Das haben wir zurzeit vergessen, fühlen es aber gleichwohl. Leben ist etwas, das an einem Körper, als dieser Körper, eine Innenseite zum Ausdruck bringt.

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Poesie ist die Präsenzform dieser Innenseite - der Welt, die reine Innenseite bleibt, solange sie nicht der Vergegenwärtigung in Fleisch und Blut teilhaftig wird. Poesie ist die Realisierung des Ganzen in einem beliebig kleinen Fragment.

 

Text: Andreas Weber | Fotos: Andreas Weber